Warum Stein?
Ich arbeite mit Stein, weil mich das Material fasziniert und es eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt. Im Umgang mit Naturstein fühle ich mich tief mit der Erde und den Ursprüngen meines Seins verbunden. Er lehrt mich Respekt vor der Schöpfung und ruft mich auf, behutsam mit ihm umzugehen, während ich gleichzeitig mutig und entschlossen Material in das Material eindringe, es Schicht um Schicht und eine ihm innewohnende Form freilege. Dabei bin ich meinen Impulsen folgend gleichzeitig mit dem Stein im Gespräch. Ich liebe es, mich von ihm inspirieren zu lassen, ihm dabei den Raum zu geben, seine natürliche Schönheit wirken zu lassen und meine Gestaltung damit in Einklang zu bringen.
Ich mag es, dass die Möglichkeiten begrenzt sind und mir jeder Stein während der Bearbeitung seine Grenzen aufzeigt. Dabei bin ich so präsent, dass ich um mich herum alles vergessen kann und sowohl Zeit als auch Raum relativ werden. Ich komme in Fluss und der Stein wird weich.
... und wie ich dazu kam, ihn zu bearbeiten
Ich wurde 1984 in Oelde, einer Kleinstadt am Rande des Münsterlandes in Nordrhein Westfalen, geboren und sammelte schon als Kind bei jeder Gelegenheit Steine. Auf einem privaten Gymnasium, fühlte ich mich im Kunstunterricht bei Werner Schlegel, einem wunderbar frei denkenden und auch so handelnden Lehrer und Bildhauer stets am wohlsten. Dort sammelte ich meine ersten Erfahrungen mit der Gestaltung in Speckstein. Es folgte 2001 ein Betriebspraktikum beim ortsansässigen Steinmetz, wo ich mit viel Freude bildhauerisch frei arbeiten durfte. Nach dem Abitur verspürte ich den starken Drang, körperlich und gestalterisch tätig zu sein und kam 2004 über Umwege zu einer Lehrstelle in einer wundervollen Bildhauerwerkstatt, wo ich zunächst im Rahmen eines Praktikums ein Jahr lang völlig frei und ausschließlich mit Handwerkzeugen arbeiten durfte. Dort spürte ich bereits intensiv, dass Steinbildhauerei mehr ist als „schöne Steine machen“ und ihr eine heilende Kraft innewohnt. Infolge einer niederschmetternden Diagnose nach meinem Gesellenjahr im Jahr 2008 entschied ich mich daher für eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin in Berlin. Es folgte der Umzug nach Rostock und viele Jahre intensiver innerer Heilarbeit, turbulenter Familienzeit mit drei zauberhaften Kindern und dem herausfordernden, aber gleichzeitig sehr erdenden Leben auf dem Land. 2011 machte ich mich zwar selbstständig, fand aber quälend selten die nötige Ruhe und Zeit für den kreativen Prozess. Seit 2018 öffnete sich langsam wieder ein Raum für meine berufliche und künstlerische Entwicklung. Heute bin ich sehr dankbar für meinen zwar nicht immer angenehmen, aber intensiv in die Verbindung mit mir selbst führenden Lebensweg.
Wenn ich ein Stein wäre, dann wäre ich gern ein von seiner Reise durch verschiedene Wasser und den Kontakt mit anderen Steinen rund geschliffener Stein. Er besteht noch immer aus dem unveränderten Ursprungsmaterial seiner Entstehung, während durch den Abrieb seiner Ecken und Kanten, der wesentliche Kern sichtbar wurde. Harmonisch, sanft, weich und in sich ruhend … gleichzeitig stabil und sogar widerstandsfähiger denn je.